ENTWEDER - ODER

"ENTWEDER du kriegst den hin und ich kann reiten, ODER er geht in die Wurst!"

Ich dachte, es sei so daher gesagt, wie man manchmal eben etwas sagt..... "Ach was..." war meine Antwort und signalisierte höfflich mit meiner Mimik, dass ich die Worte jetzt nicht wortwörtlich nehme.

-"Ja doch, das ist mein Ernst. Wofür hab ich den denn? Wenn ich den nicht mehr reiten kann, dann kommt der in die Wurst. Was will ich denn mit ´nem Beistellpferd?"

Das war einer der letzten Sätze, die wir austauschten.

Wenn Nutzung über Leben steht

Diese Einstellung kann man haben. Doch: es ist nicht meine, es ist nicht unsere, und wer die Existenz eines Lebewesens an seine Nutzung knüpft, ist mit uns nicht auf derselben Wellenlänge. Man kann ambitioniert sein (oh das war ich auch) wenn man jedoch die Grenzen seines Pferdes akzeptiert.

Oder ist ein Pferd ein Wegwerf-Artikel?

Wenn du ein Sport-Junkie bist, oder exzessive Ablenkung brauchst, dann ist vielleicht ein anderes Sportgerät mit einer geringeren Ausfall-Quote und ohne lebendiges Interieur besser für dich geeignet...? Vielleicht etwas mit Garantie-Anspruch inklusive.

Zumindest blutet mir dann nicht mein Herz, wenn ich sehe, wie dein Pferd (ein Lebewesen mit Empfindungen und Seele) dich anschaut, sich freut wenn du kommst, es für dich gesund werden will. Seinen Schmerz unterdrückt, um mit dir zu laufen.

Und du? Stellst eine Kosten-Nutzung-Rechnung auf und zählst die ärztlich auferlegten Ruhe-Tage deines Pferdes rückwärts.

Das Glück herausgefordert

Überglücklich warst du als es bergauf ging. Sahst jedoch nicht die Gesundheit deines Pferdes dahinter, sondern dein Vergnügen.

Und dann ging es los. Ohne Rücksicht auf Verluste konntest du es nicht mehr abwarten. Zwei Wochen kurz "antrainiert". Entgegen aller Empfehlungen sogar noch früher begonnen. Denn er lief ja wieder gut. Zu gut.

Mit Reha-Beschlag (der nicht für Belastung gedacht ist) in die Halle. Reiten. Nach einer weiteren Woche reicht auch das nicht mehr, ab mit dem Hänger ins Training zum Trainer, natürlich 2 mal wöchentlich (dass dieser sowas überhaupt akzeptiert.. .. .?. .. ..)

Zweiter Reiter noch dazu, für den einen Tag, an dem du selbst nicht reiten kannst. Pferd hatte ja lange genug Pause.

Moniert hast du, dass die Beschläge abfielen, die Beine dick wurden, dein Pferd nach den doppelten Trainingseinheiten Muskelkater bekam und nicht mehr laufen konnte, die Hufe komisch aussahen. Jede Woche klingelte das Telefon, fast im zwei-Wochen-Rhythmus sahen wir uns.

Warnungen ignoriert

"Diskutiert" haben wir. Mehrfach in Erinnerung gerufen,

• dass der Tierarzt die Situation als ganz eng mit schlechten Chancen einstufte (er stellte ja den Kontakt zwischen uns her).

• dass die akute Lahmheit komplexe Ursachen hatte:

  • eine fortgeschrittene Hufrollenentzündung in Vorderhuf Nr. 1,

  • eine Hufbein-Osteolyse in Vorderhuf Nr. 2,

  • Spat in einem Hinterbein und

  • eine Fehlstellung im anderen Hinterbein.

• dass du es langsam angehen lassen solltest und der Zustand nicht zu unterschätzen war.

Wir haben versucht zu erklären, mehrfach,

• dass der Reha-Beschlag abfällt, weil er für 7 Tage die Woche Reiten nicht vorgesehen ist.

• dass die Hufe kollabieren, weil sie den krankhaften Veränderungen unterliegen und keine stabile Form mehr halten können. Erst recht nicht unter diesen enormen reiterlichen Belastungen.

• dass das Pferd sicherlich ein gutes Freizeitpferd sein wird, aber kein Sportpferd mehr.

  
  

Es hat nichts gebracht, unsere Wege trennten sich.

Du wusstest es besser und wolltest zu viel

Neulich berichtete jemand von dir. Du versuchtest damals barhuf weiter zu reiten, weil keiner mehr dein Pferd beschlagen wollte oder konnte. Kurz darauf: schwerer Sehnenschaden.

Manchmal ist es nicht das Pferd, das scheitert, sondern der Mensch, der nicht zuhören will.

Vielleicht nagt das Gewissen inzwischen ein wenig. Immerhin steht er jetzt – unreitbar, aber lebendig – auf der Weide.